Eine indigene Perspektive auf die Covid-19-Situation

 

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Viele von Ihnen hatten mich nach meiner Perspektive auf den Ausbruch des Coronavirus gefragt. Deshalb möchte ich nun eine Sichtweise mit Ihnen teilen, von der ich hoffe, dass sie Sie in dieser Zeit kollektiver Not unterstützen wird.

Im 19. Jahrhundert geboren, lebten meine wundervollen Urgroßeltern bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie starben als ich 17 Jahre alt war. Sie waren zutiefst Zuni und halfen mir zu verstehen, dass wir in einer Welt leben, in der es unterschiedliche Arten des Begreifens gibt. Ihre Weise das Universum zu begreifen war wunderbar, frei von vorhersehbarer Logik, sowohl verbunden mit allen Dingen und Vorgängen, als auch uneingeschränkt durch geschriebene Sprache und frei von dem Bedürfnis, Materie zu messen.

In meinen schwersten Zeiten, sagten sie Folgendes zu mir:

„Alle Dinge beginnen mit einem Samen. Mais, Mammutbäume, Wale, Vögel, Fische, Menschen, Ideen – sie alle entstehen aus einem Samen.

Alle Geschöpfe atmen eine unsichtbare Lebenskraft ein und aus.

Diese Geschöpfe leben überall um uns herum. Sie sind über uns, unter uns und in allen Gewässern dieser Erde.

Viele dieser Geschöpfe haben Knochenvorsprünge, Flügel, Flossen, Arme und Beine, die es ihnen ermöglichen, von einem Ort zum anderen zu gelangen.

So wie wir, haben manche Geschöpfe Augen und Ohren, um ihre Umgebung wahrzunehmen.

So wie wir, reagieren diese Geschöpfe darauf, wenn die Sonne aufgeht und wenn aus dem Winter Frühling wird.

Und so wie wir, verfügen diese Geschöpfe über Kräft jenseits ihrer physischen Körper. Wenn wir an sie denken, sind es diese Kräfte, die zu uns sprechen.

Alle Dinge schwingen und sind in Bewegung. Die Erde bebt manchmal und Sterne bewegen sich durch das All. Die Erde und der Raum über uns bilden das Rückgrat unserer Welt. Und auch es verfügt über eine besondere Kraft. Wir respektieren diese Kraft, wir sprechen zu ihr und

durch gemeinsames Ritual helfen wir dabei, den kosmologischen Prozesse zu erhalten.” „Ja”, sagte ich, „all das ist wahr”.

In Zeiten großer Sorge und Not, behalten Sie diese Wahrheit in Erinnerung: Wir sind niemals allein. Alle Geschöpfe des Universums sind nicht so verschieden von uns. Wir alle sind eine Familie von Wesen. Wenn sich unsere Aufregung legt und wir uns in den richtigen Gemütszustand begeben, dann können wir mit diesen Kräften zusammenarbeiten und sind unaufhaltbar.

Die Covid-19-Situation wandelt sich rapide und wir werden unser Bestes geben, um uns anzupassen. Wir werden improvisieren und vorwärts gehen. Das Wichtigste ist, dass wir besonnen sind. Als eine Spezies unter vielen wissen wir, dass wir nicht allein sind. Alle Menschen, alle Wesen, das weite Land, die Gewässer, der Himmel und ferne Galaxien sind alle Teil einer kollektiven Erhabenheit, die sich wie eine wunderbare Geschichte auf ewig erneuert und wandelt, jedoch stets eine wunderbare Geschichte bleibt.

Ich wünsche Ihnen gute Gesundheit und Gelassenheit.

Jim Enote
Vorstandsvorsitzender
Colorado-Plateau Stiftung

Translation: Alexandra Tacea